Unterstüzung im Alltag
Erstmal Überleben
Und was können wir im Alltag tun, um die Situation für unsere Kinder und uns selbst zu verbessern? Viele alltägliche Aufgaben sind für Kinder mit FASD nur unter größter Anstrengung zu bewältigen. Dinge, die sie gestern konnten, haben sie heute schon wieder vergessen.
Klare, strukturierte Abläufe können unterstützen. Ein aufgehängter Tagesplan kann dem Kind helfen, wiederkehrende Aktivitäten zu erkennen und sie in der richtigen Reihenfolge durchzuführen. Kurze, klare Arbeitsaufträge sind sinnvoller als lange Erklärungen. Augenkontakt oder Unterstützung durch Gebärden kann die Aufmerksamkeit erhöhen. Viele Kinder mit FASD sind schnell überreizt und können in einer reizarmer Umgebung besser agieren. Es kann hilfreich sein, reizarme Rückzugsorte zu schaffen (wie eine Kuschelhöhle unter dem Hochbett, ein Hängesessel im Schlafzimmer oder ein kleines Zelt im Garten).
Eigene Sichtweise
Für die Bezugspersonen können veränderte Sichtweisen hilfreich sein. Wir müssen uns von zu hohen Erwartungen verabschieden und diese zu hohen Erwartungen können sein, dass sich unser 9-jähriger Sohn alleine anzieht. Wir gehen oftmals von bestimmten Veränderungsmöglichkeiten aus und erwarten ein gewisses Lernpotenzial. Wir rechnen mit therapeutischen Erfolgen und nehmen an, dass Kinder mit FASD unsere Regeln einhalten können und sich zurechtfinden. Wir trauen ihnen damit mehr zu, als sie tatsächlich leisten können und überfordern sie dadurch und frustrieren uns. Eine veränderte Sichtweise der Bezugspersonen kann helfen und vor allem entlasten.
Wir persönlich als Familie sind dort noch lange nicht angekommen, aber wir versuchen, unsere Erwartungshaltung zu verändern.
Das Kennen der eigenen Grenzen hilft; auch das Abgeben an Verantwortung oder das Inanspruchnehmen von Unterstützungsangeboten. Dabei handelt es sich nicht um ein Eingeständnis eines Versagens, sondern dieses Handeln ist überlebensnotwendig.
Hintergrundwissen über FASD ist sinnvoll. Zudem hilft es zu wissen, dass andere Familien ähnliche Probleme haben. Eine Lösung stellt dies nicht dar, aber eine Form der Entlastung. Hierbei sind vor allem die
FASD-Selbsthilfegruppen zu nennen.
Entlastungsbetrag, Verhinderungspflege und Co.
Finanzielle Unterstützung kann es bspw. über die Krankenkasse und/oder die Pflegekasse geben. Über den monatlichen Erhalt des Pflegegeldes hinaus, dessen Höhe sich nach dem Pflegegrad staffelt, bestehen zusätzliche finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten.
Diese sind
- die Verhinderungspflege, ein jährliches Budget von 1612.- € und
- die Nutzung von Kurzzeitpflege
Wobei diese Budgets auch kombinierbar sind.
Weitere Unterstützungen sind möglich, durch:
- Betreuungsleistungen/Entlastungsbeitrag von monatlich 125.- €
- oder für notwendige Umbaumaßnahmen etc.
Eine Beratung bzgl. dieser Unterstützungsangebote erfolgt z.B. durch die Krankenkassen oder einen Pflegestützpunkt (beides kostenfrei).
Die Voraussetzung, um o.g. Unterstützungen beantragen zu können, ist eine vorausgegangene Diagnoseerstellung und darauf aufbauend die Anerkennung eines Pflegegrades.
Siehe auch hier, auf unseren anderen Seiten:
Erhöhter Pflegesatz
Zudem erhalten Pflegefamilien eine finanzielle Aufwandsentschädigung vom zuständigen Träger (Jugendamt/ Sozialamt). Einige Ämter unterstützen besonders belastete Pflegefamilien mit einem doppelten oder dreifachen Satz des Pflegegeldanteils.
Da Pflegeeltern einer ständigen Überlastung ausgesetzt sind und häufig in ihrem sozialen Umfeld auf Unverständnis stoßen [siehe auch hier: soziale Isolation], sollte dem Bereich der Entlastung der Bezugspersonen ein besonderes Augenmerk geschenkt werden. So sollten Pflegeeltern die Möglichkeit haben, ihre Energiereserven wieder aufzutanken. Sie sind die wichtigsten Anker im Leben der Kinder und nur wenn sie stabil, belastbar und zufrieden sind, können sie ihren Kindern langfristig eine gute Unterstützung bieten. Es gibt Unterstützungsangebote wie Beratungen, Supervisionen, Austausch mit Betroffenen, Fortbildungen oder auch finanzielle Unterstützung, um Entlastungswochenenden oder eine Auszeit ohne Kind realisieren zu können. Der Weg dorthin ist jedoch sehr steinig…