Versorgungsamt und Schwerbehindertenausweis, was ist hier möglich?
Versorgungsamt und Schwerbehindertenausweis
Die Voraussetzungen für einen Schwerbehindertenausweis erfüllen die meisten Menschen mit FASD. Wird für ein Kind mit FASD die Feststellung eines Behindertengrades und die Zuerkennung von Merkzeichen beantragt, sollte dies nicht allein auf Grundlage der medizinischen Diagnose erfolgen, sondern die Möglichkeiten der Teilhabe [Glossar] am bzw. die Anpassungsschwierigkeiten im sozialen Leben erläutert werden. Dazu kann zum Antrag ein separates Blatt mit einer Situationsbeschreibung zugefügt werden. Ab einem festgestellten Grad der Behinderung (GdB) von 50 und mehr, liegt eine Schwerbehinderung vor und es erfolgt die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises.
Mit der Feststellung eines Behinderungsgrades gehen Nachteilsausgleiche einher (schulischer Bereich, finanzielle Vergünstigungen, arbeitsrechtliche Privilegien).
Merkzeichen
Vor allem die Zuerkennung von Merkzeichen ist praxisrelevant.
- Das Merkzeichen B wird zuerkannt, wenn der Betroffene eine Begleitperson benötigt, da z.B. eine hohe Beeinflussbarkeit oder eine gestörte Risikoeinschätzung vorliegt.
- Sind Menschen in ihrer Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr eingeschränkt, erhalten sie das Merkzeichen G. Ein Teilbereich dieser Einschränkung ist eine Störung der Orientierungsfähigkeit, des Gefahrenbewusstseins oder auch der Vergesslichkeit.
- Wird das Merkzeichen H zuerkannt, ist der Betroffene als „Hilflos“ eingestuft. Das bedeutet, die Person ist bei der Verrichtung alltäglicher Aufgaben auf fremde Hilfe angewiesen. Dies trifft auch zu, wenn eine ständige Betreuung, eine Anleitung und/oder Kontrolle notwendig ist.
Kinder mit FASD sind oft nicht in der Lage, ihre Emotionen angemessen einzuordnen, Risiken einzuschätzen, sich zu orientieren oder alltägliche Aufgaben ohne fremde Hilfe zu bewältigen.
Beispiel:
Tylar erhielt auf unseren Erstantrag hin einen GdB von 70 und die Merkzeichen B und G. Nachdem wir uns intensiver mit der Thematik auseinandergesetzt hatten, stellten wir einen erneuten Antrag für das Merkzeichen H. Dieser wurde abgelehnt, da es „keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand gab“. Allerdings schreibt das Bundesgesundheitsministerium:
„Bei tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, die für sich allein einen Grad der Behinderung von mindestens 50 zur Folge haben, wird im Übrigen regelhaft von einer Hilflosigkeit bis zum 18. Lebensjahr ausgegangen. Diese Wertung sollte auch für Menschen übernommen werden, die von einer Fetalen Alkoholspektrumsstörung betroffen sind, da die Schwere der Störung in der Regel mit einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung vergleichbar ist.“
Siehe hier (Seite 15): Die wichtigsten Fragen der sozialrechtlichen Praxis“ bei FASD (Drogenbeauftragte der Bundesregierung)
Damit hätte er von vornherein das Merkzeichen H erhalten sollen und eine Änderung seines Gesundheitszustandes war gar nicht notwendig. Nach Umzug in ein anderes Bundesland und einem erneuten Antrag, erhielten wir einen GdB von 80 sowie alle drei Merkzeichen. Es ist leider Praxis, dass die einzelnen Bundesländer unterschiedliche Kriterien anwenden.