Tylar wachte früh morgens auf, sehr früh morgens, ich meine wirklich sehr früh morgens….kuscheln – nein, danke, so beginnt der Tag. Alles verständlich bei seiner Vita, trotzdem schwer zu ertragen, denn ich möchte ihm doch so viel Liebe geben. Tylar schreit inzwischen viel, ist im Auto extrem laut – warum nur? Benötigt er Aufmerksamkeit? Aber er hatte doch den gesamten Tag über eine völlig übermüdete Eins-zu-Eins-Betreuung. Hat er Ängste, Unsicherheiten auf Grund der veränderten Lebenssituation? Fühlt er sich schon wieder verlassen, ein neuer, ein weiterer Beziehungsabbruch in seinem noch so jungen Leben? Fühlt er sich nicht verstanden? Wie auch, er ist so gut wie non-verbal! Keine Idee, was er überhaupt versteht. Wahrscheinlich ist es von allem ein wenig, noch lasse ich den Gedanken nicht zu, dass da noch mehr sein könnte. Auf dem Spielplatz beim Beobachten der anderen Kinder wird es mir jedes Mal vor Augen geführt, wie anders Tylar ist und sich verhält, aber noch will ich es nicht wahrhaben. Noch sind es die Veränderungen in seinem Leben, noch möchte ich glauben, dass sich alles fügen wird und wir nur Zeit und Verständnis und Geduld brauchen. Menschen mit denen ich über die Situation rede, sagen mir: „Das wird schon!“ , ein Satz, der uns wahrscheinlich wohlwollend und überflüssig den Rest unseres Lebens begleiten wird und mir zum damaligen Zeitpunkt noch Hoffnung gibt.
Wir suchen einen befreundeten Physiotherapeuten auf. Auf einmal steht der Verdacht „Autismusspektrum“ im Raum. Ich habe jahrelang mit Menschen im autistischen Spektrum gearbeitet, nein Autismus hat er nicht, aber ja, er scheint eine andere Wahrnehmung aufzuweisen, er ist kaum verbal, er nutzt Augenkontakt, scheint aber durch uns hindurch zu schauen, kein Folgen seines Blickes, wenn wir auf etwas zeigen, er wiederholt Abläufe und scheint diese manchmal fast zwanghaft beenden zu müssen, er scheint, keine/kaum Schmerzen zu empfinden und ein Hunger- oder Sättigungsgefühl scheint ihm unbekannt und er spielt NICHT.
Zu Hause beginnt es zu eskalieren, Tylar wirft eigentlich alles, was er in der Hand hat, herum. Die Spielsequenzen, die ich in der Anfangszeit noch beobachtet habe, sie sind nicht mehr da…waren sie es je? Hat Tylar je gespielt und kann es jetzt nicht mehr? Oder waren es einfach neue Objekte bei uns zu Hause, die durchaus seine Neugierde für einen Moment fesseln konnten, nun aber uninteressant geworden sind, da er sie jetzt kennt. Tylar beginnt nach mir zu treten, nach mir zu schlagen, nicht nur eine Brille ist in der Anfangszeit zu Bruch gegangen.