Das leidige Thema der Aufsichtspflicht

Tylar ist schwer beeinträchtigt, nicht verkehrssicher und impulsgestört. Was heißt das nun für unseren Alltag? Darf er am allgemeinen Leben teilhaben oder stellt jegliche Aktivität eine Gefahr für ihn und andere dar?

Er ist inzwischen 12 Jahre alt und obwohl er sich kognitiv auf dem Stand eines 6jährigen bewegt, hat er einfach keine Lust mehr, ständig und permanent von seinen Eltern begleitet zu werden. Verständlicherweise! Nur was tun wir als Pflegeeltern damit? Geben wir ihm Freiraum, fördern damit seine Selbstständigkeit und sein Selbstwertgefühl verbunden mit dem immensen Risiko der Selbst- und Fremdgefährdung oder verbieten wir ihm alleine rauszugehen?

Rechtliche Grundlagen existieren nur bedingt-auch bei einem regelentwickelten Kind gibt es hierfür keine konkreten Anhaltspunkte. Die Eltern entscheiden, was sie ihrem Kind zutrauen. Bei regelentwickelten Kindern gibt es jedoch Vergleichsmomente; Kinder in einem bestimmten Alter sollten gewisse Sachen können. Bei einer Beeinträchtigung wie FASD handelt es sich hingegen um ein Spektrum und dieses Spektrum weist eine enorme Spannbreite auf. Einige FASD Kinder besuchen Regelschulen andere nicht, einige können sich besser als andere kontrollieren und steuern, somit gibt es keinen Vergleich zu anderen Kindern, was die Einschätzung enorm erschwert.

Der uns unterstützende Träger bestärkt uns in unserer Sicht der Verselbständigung, bei der Frage, was denn aber im Falle einer Verletzung geschehen würde, herrscht Schweigen.

Wir werden Tylar weiterhin, basierend auf seinen Fähigkeiten, die Teilhabe am Leben ermöglichen, verbunden mit einem hohen Risiko. Dieses impliziert Tylars Unversehrtheit und die anderer Menschen sowie dem Risiko, dass sollte jemals etwas Tragisches geschehen, sicherlich das Weiterführen des Pflegeverhältnisses mit Tylar sowie unserem zweiten Pflegekind in Frage gestellt werden wird, von den Folgen bzgl. meiner staatlichen Anerkennung als Sozialarbeiterin einmal abgesehen.

Ein sehr schwieriges Thema, bei dem jede/r den eigenen Standpunkt finden muss und viel Unterstützung von außen scheint es dabei nicht zu geben.